Bruno Taut und das Berliner Siedlungswesen II

Zu einer sechsstündigen Stadtrundfahrt „Bruno Taut und das Berliner Siedlungsbau“ hatte die SPD Dahlem am 9. September im Rahmen des Tages des offenen Denkmals geladen. Die Nachfrage war so groß, dass wir die Fahrt am 23. September wiederholen mussten.

Die Rundfahrt war dieletzte Etappe einer dreiteiligen Tour zum Thema. Sie führte von der Siedlung in Eichwalde und der Streusiedlung in Mahlsdorf zu den Wohnanlagen in der Buschallee und der Trierer Straße und endete in der Carl-Legien-Stadt im Prenzlauer Berg. Zwischenstationen waren die Siedlung Elsengrund in Köpenick (Architekt: Otto Rudolf Salvisberg), die Splanemann-Siedlung – die erste deutsche Plattenbausiedlung -, und die „Flußpferd-Siedlung“ (Paul Mebes&Paul Emmerich).

Die Fahrten (I. Südroute: von der „Tuschkastensiedlung“ in Falkenberg über die Hufeisensiedlung in Britz zur Onkel-Toms-Hütte in Zehlendorf; II. Nordroute: Siedlung Eichkamp/Versuchssiedlung Haselhorst/Siemensstadt/Afrikanisches Viertel/Tegel/Reinickendorf/Wedding und III s.o.) gewannen durch die profunden Kenntnisse von Richard Röhrbein und Jacques Schwarz, die diese Fahrt vorbereiteten und durchführten. Als Begleitmaterial zu den drei Touren sind bemerkenswerte Dokumente entstanden, die hoffentlich auch bald nachlesbar sein werden.

Unglaublich war die Resonanz auf diese Fahrten, d. h. das große Interesse an diesen Formen genossenschaftlichen, gewerkschaftlichen und kommunalen Wohnungsbaus. Einige Teilnehmer waren in diesen Arbeitersiedlungen groß geworden, andere in die gegenwärtigen Auseinandersetzungen um Verkauf und Modernisierung etc. involviert.

Bemerkenswert sind einige historische Hintergründe: Martin Wagner (Geschäftsführer der DEWOG, ab 1926 Berliner Baustadtrat) und Bruno Taut (leitender Architekt der GEHAG) hatten einen permanenten Kampf gegen die Baubürokratie und bezirkliche Behörden zu führen, um ihre Vorstellungen modernen Wohnungsbaus durchzusetzen. Auch über die Finanzierung der Siedlungsbauten hörten wir beachtenswertes, wurde doch wegen des Wohnungsmangels eine besondere Hauszinssteuer auf Alteigentum erhoben. Diese Finanzierungsquelle verstopfte Reichskanzler Brüning ab 1931 Schritt für Schritt. ist solches von Martin Wagner nicht bekannt: er lebte übrigens in Eichkamp.

Abenteuerlich ist allerdings die Gegenwart der meisten Siedlungen: fast überall sind „Heuschrecken“ als neue oder potentielle Eigentümer aktiv. Zum Glück bleiben wenigstens die von Genossenschaften getragenen Siedlungen davon verschont (Falkenberg, Lindenhof, Freie Scholle, Schillerpark).

Wir werden die Reihe zum Siedlungswesen in der Weimarer Republik fortsetzen.

 

Burkhard Zimmermann

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