Ende Januar war Yossi Gilad aus Israel unser Gast im Friedenszentrum. Yossi ist Mitglied der sozialistischen Jugend in Israel, einer Schwesterorganisation der SJD – Die Falken. Sonst ist er aktiv in der Friedensbewegung, der Gedenkstättenarbeit und er setzt sich für Gleichberechtigung Homosexueller ein. Derzeit ist Yossi für ein Jahr Freiwilliger der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste im Haus der Wannseekonferenz.

Die Diskussion war sehr spannend. Alle, die gehofft hatten zu hören, der Friedensprozess, so wie er von Rabin und Arafat in Gang gesetzt wurde, könne wiederbelebt werden, musste Yossi enttäuschen. Er zeichnete das Bild einer gespaltenen israelischen Gesellschaft. Orthodox-Religiöse, National-Religiöse, Sekuläre, Einwanderer und noch mehr Gruppen können kaum einen gesellschaftlichen Konsens finden. Dies geht so weit, dass einige Gruppen die Legitimität einer Regierung nicht anerkennen, wenn sie bereit ist Siedlungen zu räumen. Einziger gemeinsamer Nenner sei die Bekämpfung und das Erleiden der Attentate. Er sagte, die israelische Gesellschaft sei vereinigt im Blut. Als Beispiel für den Riss, der durch Israel geht nannte er das Militär. Einerseits gibt es Reservisten, auch er gehört dazu, die eine Erklärung unterschrieben haben nicht an Einsätzen jenseits der Grünen Linie teilnehmen zu wollen, weil sie nicht an der Besetzung palästinensischer Gebiete teilnehmen wollen. Anderseits gibt es einen Aufruf von national-religiösen Rabbinern an die israelischen Soldaten, im Falle von Räumungen israelischer Siedlungen im Gazastreifen den Dienst zu verweigern. Notfalls dürften sie mit Waffengewalt verteidigt werden. Es bestünde die realistische Gefahr eines israelischen Bürgerkrieges.

Die Frage von Krieg und Frieden dominiert die israelische Politik. Fragen über gesellschaftliche Perspektiven, wie sie während des Friedensprozesses angeklungen seien, sind verstummt. Währenddessen setze Sharon eine ultra-neoliberale Politik um. Besonders enttäuschend empfand Yossi, dass sowohl die Arbeiterpartei, als auch die Linkspartei Merez einem Haushaltsplan zugestimmt haben, der für jede sozialdemokratische/sozialistische Partei untragbar sein müsse. Um den Rückzug Israels aus dem Gazastreifen nicht zu gefährden, seien sie bereit jede Kröte zu schlucken.

Auch wenn Yossi die Lage im Nahen Osten als sehr verfahren schilderte, hat er doch gezeigt, dass es auch Grund zur Hoffnung gibt. So sei es nicht schlecht, dass nun die Hardliner auf beiden Seiten am Zug sein. Nachdem sie den Friedensprozess scheitern ließen, müssen sie nun zeigen, was ihre Vorschläge sind. Letztendlich haben jedoch auch sie keine andere Wahl, als sich zu einigen. Hoffentlich geben die aktuellen Entwicklungen Yossi Recht.

Optimistisch stimmen auch die Vielzahl von Projekten auf lokaler Ebene, die versuchen die Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern voranzubringen.

Besonders ergreifend fand ich, wie Yossi schilderte, dass die Bedeutung von Frieden ihm erst bei seinem Aufenthalt in Berlin klar wurde. Die Angst vor Attentaten sitze allen Israelis im Nacken, im Umkreis von 400 um seine Wohnung in Tel Aviv kam es innerhalb von zwei Jahren zu 14 Attentaten! Frieden ist für Yossi mehr als nur die Abwesenheit von Krieg, sondern auch die Freiheit Pläne zu machen und an einer besseren Gesellschaft zu arbeiten. Der Krieg verbaut jedoch die Fähigkeit zu träumen.

 

Sebastian Klähn

 

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