Vom 4. bis zum 10. Oktober 2011 veranstaltete die SPD-Abteilung Dahlem ihre diesjährliche Bildungsfahrt in eine europäische Hauptstadt.
Dieses Jahr war die griechische Hauptstadt Athen Ziel der Reise. Aktuelle Entwicklungen in der griechischen Schuldenkrise, der zeitgleiche Besuch des deutschen Wirtschaftsministers und ein für einen Tag nach der Ankunft angesetzter Generalstreik gegen die Sparpolitik der griechischen Regierung, verliehen der Reise eine enorme politische Aktualität und Spannung. Die Unterbringung in einem zentral gelegenen Hotel in der Nähe der Akropolis im Stadtzentrum von Athen ermöglichte ein unkompliziertes Erreichen diverser „Hot Spots“ des Besuchsprogramms im Stadtzentrum.
Neben Diskussionen mit mehreren deutschsprachigen Journalisten (Panagis Galiatsatos von der NZZ, Kostas Kalfopoulos von der Katherimi und Angelos Kovaios von „Ta Dima“ sowie einem deutschstämmigen Ökonomen standen auch Exkursionen zur Deutschen Botschaft in Athen, zur Beauftragten für internationale Arbeit der Regierungspartei PASOK und zum Staatssekretär für Migrationsfragen auf dem Plan. Inhaltlich drehten sich die Gespräche hauptsächlich um die ökonomischen und sozialen Verwerfungen durch die Wirtschafts- und Schuldenkrise in Griechenland selbst und in Europa insgesamt. Es wurden aber auch andere Themen aufgegriffen, bei der PASOK ging es auch um die Rolle der sozialistischen Internationale in der Weltpolitik und beim Staatssekretär um die Folgen der Arbeit der europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX. Zeit für individuelle Entdeckungstouren durch Athen blieb aber natürlich auch. So summiertenalle Beteiligten die Fahrt als positives, lehrreiches Erlebnis.
Resümierend lässt sich feststellen, wie wichtig ein funktionierendes Finanzamt ist. Wenn das Finanzministerium nicht richtig in der Lage ist, seine Steuern einzutreiben und die eingeführte Immobiliensteuer über die Stromrechnung eingezogen werden muss, sagt das vieles aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Urlaub und Renteneintrittsalter kritisiert, damit lag sie in der Tat absolut falsch. Richtig sind allerdings ein vergleichsweise gut bezahlter öffentlicher Sektor und ein schlecht aufgestellter privater Bereich. Die Arbeitslosigkeit im Privatsektor ist im letzten Jahr um 300000 Menschen gestiegen, im öffentlichen Sektor um Dreißigtausend bei 1 Million öffentlich Beschäftigter. Hier ist drakonisch gekürzt worden, deshalb die Streiks. Die Obergrenze der Einkommen ist auf 2600 € im Monat begrenzt worden, ähnlich die Rentenzahlungen.
Einer unserer Referenten Jens Basitian von der Stiftung Eliamep ist inzwischen Mitarbeiter der Taskforce Griechenlande der Troika; dieser vertrat definitiv die Auffassung, dass nur eine Art Marshall-Plan ,.sprich ein reales Investitionsprogramm eine Chance verspricht, Griechenland aus der Alternative Frust und Lethargie zu befreien.
Das Gespräch beim Migrationsstaatssekretär Andreas Takis war sehr informativ und zwingt uns, ihn nach Berlin einzuladen: Griechenland hat jährlich einhunderttausend illegale Zuwanderer über die türkische Grenze ( nicht über die Inseln ) und versteht nicht, warum sie mit diesem Phänomen allein gelassen werden.
Bei dem Gespräch mit der Internationalen Sekretärin Polina Lampsa fanden wir wichtig, dass wir uns als SPD stärker international engagieren und z.B. die Vorschläge der Stieglitz-Kommission 1) mehr beachten müssen. Goldman &Sachs 2) hat die konservativen Karamanlis-Regierung bis 2009 engstens beraten bei dem relativ – unglaublich- geringen Jahresdefizit von 3,7 % und damit fast die Maastricht-Kriterien erfüllt. Sie haben die Regierung darin beraten, durch einen speziellen Derivate-Konstrukt,die tatsächlichen Schulden Griechenlands zu verschleiern, um damit „legal“ die Regeln der EU über Staatsschulden und Defizite zu umgehen!!!!. Auch PASOK hat es nicht geschafft ein funtionierendes Steuersystem in der Vergangenheit zu schaffen; gegenwärtig behindert ein „Dienst nach Vorschrift“/ eine Arbeitsverweigerung der Finanzbeamten eine effektivere Arbeit. Ein Kassensturz beim Regierungsantritt der PASOK vor zwei Jahren wies die Übernahme einer dramatischen Verschuldung auf. Griechenland hat auf Steuereinnahmen zu wenig geachtet. Rätselhafterweise kauft Griechenland im Sommer immer noch deutsche U-Boote und aktuell US-Panzer. Nun müssen dort Rentner und kleine Angestellte ausbaden, daß Reiche nahezu keine Steuern zahlen.

B. Zimmermann

1) Joseph Stieglitz ist ein engagierter amerikanischer globalisierungskritischer Ökonom, der von 1997 – 2000 Chefökonom der Weltbank war; Stieglitz arbeitet in Gremien der Sozialistischen Internationale mit und gründete 2009 das INET-Institut, um neue Denkansätze für die Volkswirtschaft zu entwickeln.
2) übrigens Otmar Issing ist seit 2007 „International Advisor“ von Goldman &Sachs war vorher Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank

P.S. Wir waren gur vorbereitet auf die Fahrt durch Siegfried Schultz´Reader und einen zusätzlichen Ordner mit spannenden Artikeln und ökonomischen und historischen Materialien. Hingewiesen sei auf viele superinteressante Artiken von Niels Kadritzke.
P.S.: Bitte nutzt die Möglichkeit, Euch selber in das Thema Griechenland einzuarbeiten.. Ihr könnt auf alle Materialien zurückgreifen….

 

unsere wichtigsten Gesprächspartner

  • Panagis Galiatsatos, NZZ
  • Kostas Kalfopoulos von der Kathimerini
  • konstantinos foutzopoulos Pasok
  • Angelos Kovaios Ta Dima
  • Jens Bastian Eliamep
  • Polina Lampsa Pasok
  • Andreas Takis Staatssekretär für Migration
  • Feaux de la Croix Deutsche Botschaft
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